FTI-Strategie 2027 – Handlungsfelder
Mit der FTI-Strategie Niederösterreich 2027 bekennt sich das Land Niederösterreich, den Einsatz öffentlicher Mittel für Forschung, Technologie und Innovation auf vier Handlungsfelder zu fokussieren, die für die Entwicklung Niederösterreichs von zentraler Bedeutung sind.
Die Handlungsfelder sind so angelegt, dass sie konsistent mit anderen strategischen Dokumenten des Landes Niederösterreich und anschlussfähig an europäische Programme (insbesondere an Horizon Europe) sind und sich in ihnen die wichtigsten thematischen Stärkefelder der niederösterreichischen FTI-Landschaft wiederfinden, ohne die Themen dabei zu stark zu verengen. Durch die relative Breite und Offenheit der Handlungsfelder, die starke Überschneidungen untereinander aufweisen, sollen vielfältige neue und vor allem auch interdisziplinäre Zugänge und Kooperationen ermöglicht und neue Potenziale erschlossen werden.
Fokussierungen innerhalb der Handlungsfelder sollen während der Laufzeit der FTI-Strategie NÖ 2027 durch spezifische Förderausschreibungen erfolgen. Die Handlungsfelder sind somit als thematischer Rahmen zu verstehen, der mit Hilfe der FTI-Förderinstrumente konkretisiert wird.
Die Handlungsfelder beziehen sich auf große gesellschaftliche Herausforderungen, in denen Forschung, Technologie und Innovation Antworten zu drängenden Fragen finden und zur positiven Weiterentwicklung der Gesellschaft beitragen sollen.
Das Handlungsfeld „Gesellschaft und Kultur“ nimmt in dieser Struktur eine Sonderstellung mit einer zweifachen Funktion ein: Es soll einerseits als eigenes Handlungsfeld geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Fragestellungen beleuchten, und andererseits als Querschnittsmaterie zu den anderen Handlungsfeldern dienen. Neben naturwissenschaftlich-technischen Fragen sollen so auch verstärkt gesellschaftliche Perspektiven und Rahmenbedingen der anderen drei Themenbereiche in den Blick genommen werden.
Gesundheit und Ernährung
Mit der Fokussierung auf Gesundheit und Ernährung setzt die FTI-Strategie NÖ 2027 einen langfristigen Schwerpunkt des Landes Niederösterreich in diesem Bereich fort. In den letzten Jahren konnten bedeutsame regionale Zentren in diesem Handlungsfeld geschaffen werden: das Krebsbehandlungs- und Forschungszentrum MedAustron, die Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, das Technopol Krems mit Schwerpunkt auf Gesundheitstechnologien, das Technopol Wiener Neustadt mit Forschung zu Medizintechnik sowie das Technopol Tulln im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit. Durch die Ausschreibung von zahlreichen Fördercalls für Forschungsprojekte in diesen Themenbereichen sowie durch priorisierte Projekte und Leitprojekte des FTI-Programms NÖ 2020 konnten diese während der letzten FTI-Programmperiode weiter gestärkt werden.
Gesundheit und Ernährung hat sich damit zu einem der wichtigsten Stärkefelder der niederösterreichischen FTI-Landschaft entwickelt. Im Rahmen der FTI-Strategie NÖ 2027 soll dieses Handlungsfeld weiter gestärkt und ausgebaut werden. Ziel ist es unter anderem, medizinische Standards, Präventionskonzepte sowie Diagnose- und Therapiemöglichkeiten zu verbessern, neue medizintechnische Anwendungen, die der Gesundheit der Menschen zugutekommen, zu entwickeln und gesunde Lebensmittel sowie sauberes Trinkwasser zu gewährleisten. Damit soll ein Beitrag zur Erhaltung der Gesundheit bzw. zur Behandlung von Krankheiten und Verletzungen geleistet, eine gesunde, sichere und nachhaltige Ernährung ermöglicht und ein fortschrittliches Gesundheitssystem sichergestellt werden.
Mögliche Schwerpunkte können zukünftig beispielsweise im Bereich der psychischen Gesundheit und der Demenzforschung, der Onkologie, der Medizintechnik und der medizinischen Biotechnologie, der Allergieforschung sowie der Lebens- und Futtermittelsicherheit liegen. Dabei sind Potenziale von digitalen Lösungen und Data-Science-Ansätzen in der Gesundheits- und Ernährungsforschung verstärkt aufzugreifen. Weiters soll auch die Beschäftigung mit einer alternden Gesellschaft und Maßnahmen für eine inklusive Gesellschaft zunehmend in den Fokus rücken – zwei der zahlreichen Schnittmengen mit dem Handlungsfeld „Gesellschaft und Kultur“.
Umwelt, Klima und Ressourcen
Angesichts des Klimawandels und der damit verbundenen gesellschaftlichen Herausforderung, des Rückgangs der Biodiversität, der zunehmenden Bodenversiegelung und des globalen Ansteigens der CO2-Emissionen kommt diesem Handlungsfeld eine zentrale Rolle für die Gestaltung der Zukunft zu.
Im Einklang und in Abstimmung mit mehreren strategischen Dokumenten des Landes Niederösterreich, wie dem NÖ Klima- und Energiefahrplan 2020 bis 2030, der Wirtschaftsstrategie NÖ 2025 (die einen Schwerpunkt im Bereich der klima-, umwelt- und ressourcenorientierten Entwicklungen hat) und der Hochschulstrategie NÖ 2025 (in der Circular Economy und Ökosysteme sowie Klima und Energie als zwei von vier zukunftswichtigen Themenbereichen definiert wurden), soll die Schwerpunktsetzung in der FTI-Politik des Landes in diesem Handlungsfeld daher fortgeschrieben werden.
Dabei kann Niederösterreich als Flächenbundesland und Agrarland auf eine lange zurückreichende Fokussierung auf die Bereiche Landwirtschaft, Nachhaltigkeit und natürliche Ressourcen aufbauen. Diese zeigt sich unter anderem an der Etablierung des Technopols Tulln, das auf natürliche Ressourcen und biobasierte Technologien fokussiert, und der Gründung des Technopols Wieselburg, an dem zu Bioenergie sowie Agrar- und Umwelttechnologie geforscht wird. Der Technopol Tulln profitiert dabei stark von der erfolgreichen Entwicklung des Universitäts- und Forschungszentrums Tulln (UFT Tulln) sowie des Interuniversitären Departments für Agrarbiotechnologie Tulln (IFA Tulln). Mit zahlreichen Projekten im Rahmen mehrerer Themenfelder des FTI-Programms NÖ 2020 (u. a. Ökosysteme- und Ökosystemdienstleistungen, Wasser, nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie, nachhaltige Landbewirtschaftung und Produktionsoptimierung, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit) wurden zudem weitere wichtige Grundlagen für die nachhaltige Etablierung des Themenkomplexes gelegt.
Die Herausforderungen in diesem Handlungsfeld sind zahlreich. Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft sind auszubauen, und nachhaltige und saubere Energiesysteme und saubere Mobilität sind zu fördern. Ziel ist es, die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen und Anpassungen an den Klimawandel in allen Bereichen vorzunehmen. Der CO2-Ausstoß soll durch Forschung, Entwicklung und Innovation in den Bereichen Dekarbonisierung, Ressourceneinsparung und Energieeffizienz reduziert und die Nutzung nachwachsender Rohstoffe sowie biobasierter Materialien, Produkte und Prozesstechnologie soll forciert werden. Gleichzeitig sind nachhaltige Verfahren zur Bodennutzung zu etablieren sowie Gewässer und Wasser als essenzielle natürliche Ressource zu schützen. Ökologische Zusammenhänge sind zu berücksichtigen, Ökosysteme sind zu bewahren, und der Erhalt der Biodiversität ist sicherzustellen. Dies soll nicht zuletzt auch durch eine nachhaltige, umweltschonende Landbewirtschaftung, zu der Technologien des Smart Farming beitragen können, gewährleistet werden.
Digitalisierung, intelligente Produktion und Materialien
Der digitale Wandel mit all seinen Auswirkungen und Folgen ist eine der großen Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft. Die Schwerpunkte des Landes Niederösterreich in den letzten Jahren fokussieren dabei vor allem auf technologisch-industrielle Aspekte, die nun auch im Rahmen dieses Handlungsfeldes aufgegriffen werden. Die mit dem digitalen Wandel einhergehenden gesellschaftlichen Transformationsprozesse sollen damit allerdings keineswegs vernachlässigt werden, sondern vielmehr im Handlungsfeld „Gesellschaft und Kultur“ starke Berücksichtigung finden.
In den letzten Jahren wurde eine dynamische Entwicklung in diesem Handlungsfeld in Gang gesetzt, u. a. mit dem „Haus der Digitalisierung“, das in Tulln entstehen wird, und mit der Aufnahme des Themenfeldes „Daten“ in das FTI-Programm NÖ 2020. Darüber hinaus entstanden in Wiener Neustadt am Technopol für Materialtechnologie mehrere zukunftsweisende Projekte in den stark technologisch-industriell ausgerichteten Themenfeldern „Materialien und Oberflächen“ sowie „Fertigungs- und Automatisierungstechnik“. Weiter gestärkt wurde der Themenbereich durch zahlreiche Fördercalls zum Thema Digitalisierung. Das FTI-Handlungsfeld greift diese Schwerpunktsetzung der letzten Jahre auf, die auch in der Wirtschaftsstrategie NÖ 2025, der Digitalisierungsstrategie NÖ und der Hochschulstrategie NÖ 2025 verankert ist.
Ziel ist es, digitale Technologien, intelligente Produktionsprozesse, neue Materialien und Werkstoffe in Niederösterreich zu entwickeln und damit eine dynamische Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Niederösterreich zu ermöglichen. Insbesondere sollen die in Niederösterreich bestehenden Stärkefelder, wie sie zum Beispiel in der Oberflächentechnologie, der Tribologie oder dem 3-D-Druck bzw. der additiven Fertigung, aber zunehmend auch in der Robotik und der Luft- und Raumfahrt liegen, ausgebaut werden.
Weitere in Niederösterreich bestehende Stärkefelder, wie Big Data, Datensicherheit (Safety & Security), Virtual Reality und Augmented Reality sowie Internet of Things, sollen ebenso forciert werden. Durch Innovationen in diesen Themenbereichen und durch die Entwicklung neuer Technologien und Anwendungen sollen die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes gestärkt und zukunftsträchtige Arbeitsplätze gesichert werden.
Gesellschaft und Kultur
Mit dem Handlungsfeld Gesellschaft und Kultur setzt die FTI-Strategie NÖ 2027 einen Fokus auf die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften (GSK). In einer immer komplexer werdenden Gesellschaft können diese Orientierungswissen liefern und entscheidend zur Reflexion und zum Verständnis der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen beitragen. Dies hat sich bereits bei zahlreichen geförderten Call-Projekten des FTI-Programms NÖ 2020 gezeigt. In Bezug auf die gesellschaftlichen Aspekte der in den anderen drei Handlungsfeldern beschriebenen Herausforderungen kommt ihnen somit eine zentrale Rolle zu.
Bereits im FTI-Programm NÖ 2020 wurden durch die Gründung des „Forschungsnetzwerkes Interdisziplinäre Regionalstudien“ (FIRST) sowie durch die Etablierung und institutionelle Verankerung der musealen Sammlungswissenschaften wichtige Akzente in diesem Handlungsfeld gesetzt, die durch zahlreiche im Rahmen des FTI-Programms geförderte Projekte weiter gestärkt wurden. Darüber hinaus haben sich in Niederösterreich an mehreren (Fach-)Hochschulen in den letzten Jahren Schwerpunktthemen im Bereich der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften herausgebildet.
Diese bereits vorhandenen Stärken aufgreifend hat das Handlungsfeld eine zweifache Funktion: Zum einen zielt es darauf ab, als Querschnittsmaterie zu den anderen drei Handlungsfeldern die gesellschaftlichen Perspektiven und Rahmenbedingungen zu beleuchten und innovative Lösungen zu erarbeiten, wie beispielsweise zum demographischen Wandel, zur erforderlichen Etablierung einer CO2-neutralen Gesellschaft oder zu den mit dem digitalen Wandel verbundenen Änderungen im Bereich der Sozial- und Arbeitswelt (digital society). Hierzu können neben Geistes- und Kulturwissenschaften insbesondere auch die Sozialwissenschaften einen wichtigen Beitrag leisten. Speziell die Wirtschaftswissenschaften sind in Hinblick auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen wichtig, beispielsweise im Bereich des Innovationsmanagements. Neben fachwissenschaftlichen Forschungen sind hierfür zunehmend interdisziplinäre Zugänge und eine verstärkte Zusammenarbeit der GSK mit naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen erforderlich.
Zum anderen soll das Handlungsfeld als eigenständiger Themenbereich geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Fragestellungen beleuchten. Als Bereitsteller von Orientierungswissen tragen die Geistes-, Sozial-, und Kulturwissenschaften zudem wesentlich zur gesellschaftlichen Sinn- und Identitätsstiftung bei. Insbesondere die Geschichtswissenschaften, die Kunstgeschichte und die Musealen Sammlungswissenschaften haben darüber hinaus mit dem sich zunehmend etablierenden Forschungsfeld der Heritage Science eine große Bedeutung für den Kunst- und Kulturbereich. Auch in diesem Bereich kommt digitalen Anwendungen und der Nutzung von Zugängen der Digital Humanities zunehmend größere Bedeutung zu.
weiterführende Links
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